AL­TER­NA­TIVEN

Brei­tere Fuss­gän­ger­streifen statt dunkle Unterführung

Ob der ge­plante Fuss­gän­ge­rIn­nen­tunnel unter dem Bu­ben­berg­platz je eine Bau­be­wil­li­gung er­halten wird, steht in den Sternen. Kein Grund zur Sorge, denn es braucht ihn nicht!

Wenn man den Raum vor dem Bu­ben­berg­zen­trum richtig nutzt, kann der Fuss­gän­ger­streifen näm­lich auf eine Breite von 25 Meter aus­ge­dehnt werden – dies ent­spricht einer Ver­brei­te­rung von fast 80 Pro­zent ge­gen­über dem von der Stadt ge­planten, bloss 16 Meter schmalen Über­gangs. An­läss­lich einer Me­di­en­kon­fe­renz des Ko­mi­tees «Rettet den Hir­schen­graben» prä­sen­tierte der Ver­kehrs­planer Pierre Pes­ta­lozzi diese Woche einen auf­schluss­rei­chen Plan, der zeigt, wie die Ver­kehrs­ströme am Bubenbergplatz/​Hirschengraben ohne die Un­ter­füh­rung funk­tio­nieren und der Stadt­raum (vor­läufig) op­ti­miert werden könnte:

Auch der Berner Ar­chi­tekt Martin Zu­lauf, der den Plan, ba­sie­rend auf der städ­ti­schen Pro­jekt­vor­lage, zu­sammen mit Pierre Pes­ta­lozzi er­ar­beitet hat, wi­der­spricht dem Nar­rativ der Stadt, die Vor­lage sei al­ter­na­tivlos, weil die Zeit dränge und das stei­gende Pend­ler­auf­kommen nur mit­hilfe der Un­ter­füh­rung be­wäl­tigt werden könne. Im heu­tigen BZ-In­ter­view ent­kräftet er diese Be­haup­tungen mit deut­li­chen Worten:

«Das ist dop­pelt falsch. Denn ers­tens brau­chen die Mass­nahmen, die wir als Al­ter­nat­nive zur ge­planten Un­ter­füh­rung vor­schlagen, zur Um­set­zung prak­tisch keine Zeit. Und zwei­tens kann mit ihnen das­selbe Per­so­nen­wachstum be­wäl­tigt werden wie mit der Unterführung.»

Ein wei­terer Vor­teil der von Pes­ta­lozzi und Zu­lauf vor­ge­schla­genen Lö­sung: Ihre Um­set­zung ist bis zur ge­planten Er­öff­nung der Bahn­hofs­er­wei­te­rung SBB/RBS 2027 pro­blemlos machbar. Ganz an­ders sieht es bei der von der Stadt vor­ge­schla­genen Un­ter­füh­rung aus, für die noch nicht einmal eine Bau­be­wil­li­gung vorliegt.

 

 


 

 

Ein bunter Strauss von Möglichkeiten

Was die Stadt Bern am 7. März 2021 den Stimm­bür­ge­rinnen und Stimm­bür­gern in Sa­chen Ver­kehrs­pla­nung vor­legte, ist un­aus­ge­goren und alles an­dere als alternativlos.

Be­reits das Mit­wir­kungs­ver­fahren hat ge­zeigt: Das Vor­haben ist ein Murks. Zu­viele Kom­pro­misse führten schliess­lich dazu, dass man schliess­lich – unter Zeit­druck no­ta­bene – ein Paket ge­schnürt hat, das nie­manden über­zeugt und vor allem nicht ziel­füh­rend ist.

Al­ter­na­tiven sind mög­lich, zumal davon aus­ge­gangen werden kann, dass die der Pla­nung zu­grunde lie­genden Ver­kehrs- und Pend­ler­pro­gnosen, völlig über­rissen sind. Co­rona hat dies­be­züg­lich eine Zei­ten­wende ein­ge­läutet: Künftig wird es we­niger Pend­le­rInnen geben, und vor allem muss und wird man weg­kommen von den aus­ge­prägten Stosszeiten.

Des­halb kann man schon heute sagen: Der ge­plante Fuss­gän­ger­tunnel ist überflüssig.

Es braucht ihn nicht.

Der Ver­zicht auf die Un­ter­tun­ne­lung des Bu­ben­berg­platzes er­öffnet neue Mög­lich­keiten und Chancen:

    • Eine Ver­brei­te­rung des ge­planten SBB-Aus­gangs Bu­ben­berg­platz ist nicht nur wün­schens­wert, son­dern machbar.

 

    • Es braucht eine ge­trennte Füh­rung von Ve­lo­fah­renden und Fuss­ver­kehr über den Bu­ben­berg­platz, sowie eine kluge Len­kung des öf­fent­li­chen Ver­kehr. Keine dieser An­for­de­rungen wird durch die ak­tu­elle Vor­lage er­füllt – hier gibt es viel Luft nach oben zum Nachbessern.

 

    • Der Hir­schen­graben ge­hört auf­ge­wertet und sa­niert. Die alten Kas­ta­ni­en­bäume sind laut einem ak­tu­ellen Baum­gut­achten in gutem Zu­stand. – Bei «Er­satz­bäumen» würde es Jahre, wenn nicht Jahr­zehnte dauern, bis sie die gleiche Grösse hätten und kli­ma­tisch eine ver­gleich­bare Leis­tung er­bringen könnten.

 

Der Bu­ben­berg­platz soll, nach of­fi­zi­eller Pla­nung der Stadt, bis 2035 ge­samt­erneuert werden. Warum diese Er­neue­rung – in­klu­sive au­to­freiem Bahnhof- und Bu­ben­berg­platz – nicht vor­ziehen? Ko­hä­rente Pla­nung, statt Flick­werk und Sa­la­mi­taktik ist gefragt!

 

 


 

 

 

ME­DI­EN­MIT­TEI­LUNG GFL

 

 

 


 

 

 

Prag­ma­ti­sche (Zwi­schen-) Lösung

Die SBB wollen das halbe Bu­ben­berg­zen­trum ab­reissen und wieder auf­bauen, um dort den Aus­gang aus der künf­tigen Per­so­nen­un­ter­füh­rung Mitte und den An­schluss an den un­nö­tigen Hir­schen­gra­ben­tunnel zu bauen.

Es gibt aber bes­sere Al­ter­na­tiven – mit wel­chen so­wohl die SBB wie die Stadt viel Geld sparen könnten: Der Berner Ar­chi­tekt Arpad Boa schlägt eine prag­ma­ti­sche Lö­sung mit einem nord­wärts ver­legten SBB-Aus­gang auf die Bo­gen­schüt­zen­strasse vor.

Dies hätte ver­schie­dene Vor­teile: Die Lie­gen­schaft an der Bu­ben­berg­strasse könnte vor­läufig stehen bleiben – einzig das Erd­ge­schoss würde als Durch­gang auf den Bu­ben­berg­platz neu gestaltet.

Dieser Aus­gang er­laubt zudem mehr Gross­zü­gig­keit. Pas­sa­gie­rinnen und Pas­sa­giere, die aus dem Un­ter­grund ans Ta­ges­licht ge­langen, können sich besser ori­en­tieren und ver­teilen – auf den un­nö­tigen Fuss­gän­ge­rInn­nen­tunnel in den Hir­schen­graben wird verzichtet.

Ein prag­ma­ti­scher, rasch um­setz­barer Vor­schlag, der alle Mög­lich­keiten für eine län­ger­fris­tige Auf­wer­tung des Bu­ben­berg­platzes offen lässt.

©Arpad Boa

 

 


 

 

Hir­schen­graben sa­nieren statt ruinieren!

Nie­mand be­streitet, dass es für die Ver­kehrs­ge­stal­tung rund um den Bahnhof Bern drin­genden Hand­lungs­be­darf gibt. Dies ins­be­son­dere im Hin­blick auf die Er­öff­nung der er­wei­terten Bahn­hof­struktur ab 2025/27.

Die Pläne der Stadt, die der Ab­stim­mung vom 7. März zu­grunde liegen, bieten je­doch weder zeit­ge­mässe noch sinn­volle Lö­sungen. Kaum um­stritten ist die Ab­sicht, den mo­to­ri­sierten In­di­vi­du­al­ver­kehr im Be­reich Bu­ben­berg­platz zu re­du­zieren. Besser wäre je­doch, kon­se­quent auf das Ziel eines vom Ver­kehrs­chaos be­freiten Bu­ben­berg­platzes zu fokussieren.

Es braucht an diesem Ort eine ef­fi­zi­ente Ent­flech­tung von ÖV sowie Velo- und Fuss­gän­ger­ver­kehr, was mit der ak­tu­ellen Pla­nung über­haupt nicht ge­währ­leistet wird. Im Gegenteil.

Statt eines teuren, schmalen Fuss­gän­ger­tun­nels, der laut of­fi­zi­ellen Ver­kehrs­pro­gnosen wäh­rend der Spit­zen­zeiten nicht einmal die Hälfte der Pas­san­tInnen auf­nehmen könnte, braucht es gross­zü­gige di­rekte Aus­gänge aus dem SBB- und RBS-Bahnhof auf den Bu­ben­berg­platz, und zwar oberirdisch.

Würde der Fuss­gän­ger­tunnel ge­baut, müsste für dessen Aus­gang im Hir­schen­graben das Bu­ben­denkmal in die Mitte des Platzes ver­setzt werden, was das Po­ten­zial dieser An­lage voll­ends zer­stören würde. Statt für die er­war­teten «Fuss­gän­ger­ströme» mehr Raum und Luft zu schaffen, de­gra­diert die vor­lie­gende Pla­nung den Hir­schen­graben end­gültig zu einer Ver­kehrs­insel ohne jeg­liche Aufenthaltsqualität.

Ge­wonnen wird da­durch nichts. Die Um­stei­ge­wege auf Tram und Bus am Hir­schen­graben dürften sich ge­gen­über heute sogar noch ver­län­gern. Und eine Fort­set­zung des Chaos wäh­rend der Stoss­zeiten ist vorprogrammiert.

Gleich­zeitig ver­gibt man damit de­fi­nitiv die Mög­lich­keit, den ge­schichts­träch­tigen Hir­schen­graben auf­zu­werten. Er bildet den west­li­chen Ab­schluss des Berner UNESCO-Welt­kul­tur­erbes, steht unter Schutz und ge­hört auf­ge­wertet statt zerstört.

Stadt­prä­si­dent Alec von Graf­fen­ried recht­fer­tigt die un­aus­ge­go­rene Vor­lage im heu­tigen Bund mit den Worten: «Bern er­hält für rund eine Mil­li­arde Franken zwei neue Bahn­höfe, es liegt an uns, die pas­senden Zu­gänge zu er­mög­li­chen.» Recht hat her.

Nur sind die Vor­schläge, die nun auf dem Tisch liegen alles an­dere als pas­send. Bern kanns besser! Davon sind wir über­zeugt. «Wir wären Sel­dwyla, wenn wir das nicht schaffen würden», sagt der Berner Stapi im heu­tigen Bund. Mit der ak­tu­ellen Vor­lage wähnt man sich je­doch eher in Schilda…

 

 


 

 

«Eine wür­dige Visitenkarte»

Der Berner Bau­for­scher, Städ­te­bauer und Ar­chi­tekt Arpad Boa ist be­kannt für seine vi­sio­nären Ideen zur Stadt­ent­wick­lung. Na­he­lie­gend, dass der «Er­finder» der Vie­rer­feld­brücke sich auch Ge­danken macht über Mög­lich­keiten für einen städ­te­bau­li­chen Wurf am Bubenbergplatz:

Dort, wo ab 2027 – nach In­be­trieb­nahme der SBB-Un­ter­füh­rung Mitte und des neuen Tief­bahn­hofs RBS – laut Pro­gnosen über die Hälfte aller Rei­senden den Bahnhof Bern be­treten oder ver­lassen werden, soll ein wür­diger Bahn­hof­platz ent­stehen. Vor­aus­set­zung dafür wäre al­ler­dings der Ab­bruch der Lie­gen­schaften Bu­ben­berg­platz 8–12.

Damit würde Raum ge­schaffen für einen «Bahn­hof­vor­platz Bu­ben­berg», der zum Ver­weilen ein­lädt, eine «wür­dige Vi­si­ten­karte für die Bun­des­stadt und ein ful­mi­nanter Auf­takt für den Bahnhof», wie Arpad Boa in seinem Tri­bü­nen­ar­tikel im Bund vom 18. No­vember 2020 an­schau­lich be­schrieben hat. Es gibt auch be­reits erste Ideen­skizzen, wie dieser neue kleine Bahn­hof­platz der­einst aus­sehen könnte.

Mit der ak­tu­ellen Vor­lage würde man je­doch genau das Ge­gen­teil er­zielen, kri­ti­siert der Ar­chi­tekt: «Die of­fi­zi­elle Pla­nung vo­tiert der­weil für ein Mau­se­loch am nörd­li­chen Rand des Bu­ben­berg­platzes und ein wei­teres Mau­se­loch am oberen Ende des Hirschengrabens.»

 

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«Den Fuss­gän­ger­streifen dop­pelt so breit machen»

«Der Grosse Bahn­hof­platz bekam nach et­li­chem Zö­gern einen Bal­da­chin, der das ober­ir­di­sche Warten und Um­steigen erleichtert.

Beim neuen Bu­ben­berg­aus­gang sollte nun ein Kleiner Bahn­hof­platz ent­stehen: Den Aus­gang etwas zu­rück­ver­setzen, das gru­usige Ghütt nicht mehr auf­bauen, kleiner Bal­da­chin drüber, damit sich An­kömm­linge ori­en­tieren und ver­teilen können. Den Fuss­gän­ger­streifen dop­pelt so breit ma­chen, dann geht es ga­ran­tiert ohne Fuss­gän­ger­tunnel unter dem Bubenbergplatz.

Aber nein, alle schauen für sich. Der Post­parc brö­selte etwas, an­statt dass man mit der Zone mit Pla­nungs­Pflicht (ZPP) das Bu­ben­berg­zen­trum rück­ver­setzt hätte. Und bei den SBB ver­treten die Di­vison Im­mo­bi­lien und die Di­vi­sion Per­so­nen­ver­kehr nicht immer die glei­chen Interessen…

Ma­gere Per­spek­tiven, null Vi­sionen, viele un­ter­nutzte Miet­flä­chen bis rüber zur Welle7.»

On­line-Kom­mentar von Thomas Schnee­berger, Der Bund, 15. Ja­nuar 2021

 

 


 

 

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